Das Umweltmanagementsystem EMAS
Im Interview mit Judith Silye (Umweltmanagerin SANTESIS)
Themen wie Umwelt- und Klimaschutz sind in Zeiten von Hitzewellen und Dürren in Europa in aller Munde. Sie werden auch in den nächsten Jahren nicht an Brisanz verlieren. Die Vinzenz Gruppe ist seit Jahren nach EN ISO 50001 (Energiemanagementsystem) zertifiziert. Im Moment wird jedoch der Umstieg auf das europäische Umweltmanagementsystem EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) vorbereitet. SANTESIS berät und unterstützt die Vinzenz Gruppe bei diesem Vorhaben.
Im Interview verrät Judith Silye, Umweltmanagerin bei SANTESIS, warum dieser Umstieg sinnvoll ist und wie dieser abläuft.
Du begleitest als Umweltmanagerin von SANTESIS den Umstieg der Einrichtungen, an denen die Vinzenz Gruppe beteiligt ist, auf das neue Umweltmanagementsystem EMAS. Was ist denn der große Unterschied zum bereits bestehenden Energiemanagementsystem EN ISO 50001?
EMAS ist viel umfangreicher und betrachtet die Umwelt mit all ihren Aspekten – Energie, Abfall, eingesetzte Materialien, Emissionen und Biodiversität. Bei EMAS wird der Aspekt Energie auf dem gleich hohen Niveau wie bei ISO 50001 behandelt. Zusätzlich werden auch Themen wie Abfalltrennung, ökologische Beschaffung, Wasserverbrauch usw. systematisch behandelt und es wird nach Möglichkeiten gesucht, diese zu professionalisieren.
Durch das Energiemanagementsystem wurden viele Optimierungen zur Energieeffizienz umgesetzt. Anlagenoptimierungen und weitere Maßnahmen erreichten beachtliche Einsparungen im Bereich Wärme und Strom. Durch diese Erfahrungen sind wir uns sicher, dass dieses Einsparpotenzial auch bei weiteren Umweltaspekten möglich ist.
Warum sollten sich speziell Gesundheitseinrichtungen EMAS-zertifizieren lassen?
In Zeiten wie diesen ist zwar Energie weiterhin ein sehr wichtiger Umweltaspekt, aber auch der Umgang mit Wasser oder die eingesetzten Materialien gewinnen immer mehr an Relevanz. Immer wichtiger werden auch Umweltaspekte wie Emissionen oder auch das Thema Biodiversität, welche sich indirekt auf die Gesundheit der Menschen auswirken. Also nur den Aspekt Energie alleine zu Betrachten wäre etwas kurzsichtig speziell für Gesundheitseinrichtungen.
Für Gesundheitseinrichtungen ist es besonders wichtig in Zeiten des Klimawandels einen Beitrag in Richtung Nachhaltigkeit zu leisten. Dieser Beitrag besteht darin die natürlichen Ressourcen für nachfolgende Generationen zu erhalten. Gesundheitseinrichtungen sind vom Klimawandel insofern stark betroffen, da die Auswirkungen auf die Gesundheit als Folge der Klimaerwärmung immer intensiver werden.
Ein Krankenhaus ist in Bezug auf Energiebedarf, Abfallaufkommen und Ressourcennutzung eine Stadt in der Stadt. Schon die Einführung von kleineren Maßnahmen kann große ökologische als auch ökonomische Einsparungen bedeuten. EMAS basiert unter anderem auf einer umfangreichen Datenerhebung – daraus werden Umweltkennzahlen gebildet. Diese ermöglichen dann Vergleiche inwiefern eine Maßnahme zu Ressourceneinsparung z.B. von Wasser oder Energie geführt hat.
Es werden innerhalb der gesamten Vinzenz Gruppe einheitliche Umweltziele definiert und viele unterschiedlichen Maßnahmen ergriffen um den ganzheitlichen Umweltschutz zu fördern.
Du bereitest dich seit Ende 2021 auf die EMAS-Begutachtung vor. Welche Maßnahmen müssen getroffen werden, bevor diese stattfinden kann?
Das gesamte Projekt vom Start bis zur Begutachtung dauert etwas mehr als ein Jahr. Es wurde ein zentrales Projektteam mit Mitgliedern aus unterschiedlichen Bereichen der Vinzenz Gruppe gebildet. Diese Team-Mitglieder sind wiederum Teil spezialisierter Netzwerke. Dadurch erhoffen wir uns eine gute Informationsweitergabe. Ein wesentlicher Bestandteil des Umweltmanagementsystems ist, dass alle Mitarbeiter*innen über das System erreicht werden und jede*r einen Beitrag zu einer verbesserten Umweltsituation leisten kann.
Es war anfangs wichtig alle Daten von den Standorten zu erheben sowie bei einer ersten Begehung die sogenannten Umweltprüfungen durchzuführen. Dabei zeigte sich wieviel Potential es an den Standorten gibt aber auch wieviel bereits umgesetzt wurde. Zeitgleich wurden von uns Dokumente, wie das EMAS Handbuch, die Umweltpolitik und diverse Verfahrensanweisungen verfasst. Diese befinden sich mittlerweile in der VG Dokumentenbibliothek.
An den einzelnen Standorten wurden mittlerweile dezentrale Umweltteams gebildet. Diese finden Ideen, besprechen und diskutieren mögliche Maßnahmen im Team und setzen diese auch um.
Eine ausführliche Beschreibung über EMAS in den Einrichtungen, an denen die Vinzenz Gruppe beteiligt ist, die Umweltkennzahlen, die Ziele und einige Maßnahmen finden sich in der Umwelterklärung wieder. Diese wird gerade fertiggestellt.
Eine der Anforderungen des Umweltmanagementsystems ist, dass sich die Mitarbeiter*innen auch beteiligen. Wie läuft die Teilnahme in der Vinzenz Gruppe?
Es gibt sehr umweltengagierte Mitarbeiter*innen in allen Einrichtungen. Einige davon sind Teil der zentralen und dezentralen Umweltteams und diese setzen schon fleißig Maßnahmen um.
Bei den Begehungen zur Umweltprüfung waren viele Mitarbeiter*innen sehr interessiert. Durch die immer heißer werdenden Sommer, Wetterextreme und die Ressourcenknappheit wird das Thema Umwelt für jede*n einzelne*n immer spürbarer und daher sind viele bereit, etwas umzusetzen und mit anzupacken.
Wie beurteilst du allgemein das Interesse der Mitarbeiter*innen am Umweltmanagement?
Bei so vielen Mitarbeitern ist es natürlich unterschiedlich, einigen ist das Thema sehr wichtig und diese engagieren sich stark, für andere ist das Thema noch nicht greifbar. Ich habe allerdings das Gefühl, dass das Interesse immer stärker wird umso mehr Maßnahmen eingeführt werden und erste Verbesserungen bzw. Einsparungen sichtbar werden.
Wir brauchen das Interesse und die Mithilfe der Mitarbeiter*innen aus allen Bereichen. Sei es die Medizin, Pflege, Verwaltung, Technik, Küche, … jeder ist ein Experte auf seinem Gebiet – es passiert so oft, dass im Zuge eines kurzen Gesprächs schon unzählige Maßnahmen aufkommen, die wir dann gleich wieder in unseren Ideenspeicher einpflegen, damit dieses Wissen nicht verloren geht.
Zurück zur EMAS-Begutachtung. Kannst du uns sagen, wann diese stattfinden wird?
Die externe Begutachtung wird im November 2022 stattfinden. Dann ist es aber nicht vorbei – die Umweltverbesserung muss auch danach weitergehen. Nach dem Audit ist vor dem Audit!
Zur Person:
DI Judith Silye, MSc hat Abfallwirtschaft und Umweltmanagement studiert. Sie ist bei SANTESIS als Umweltmanagerin tätig und unterstützt und berät in dieser Funktion die Vinzenz Gruppe.